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Strom

Strompreis an der Börse: Wo Versorger einkaufen

9. Mai 2023

von Michel Vo

Der Strom aus Ihrer Steckdose wird von Ihrem Versorger bereitgestellt – aber wo kommt dieser Strom eigentlich her? Viele Verbraucher glauben, dass ein Anbieter seine Energie auch stets selbst produziert. Das ist in Wirklichkeit aber eher selten der Fall, nur wenige Versorger besitzen auch tatsächlich eigene Kraftwerke. Vielmehr wird die benötigte Energie schlichtweg auf dem Großmarkt eingekauft: Kein Wunder, schließlich sind Strom und Gas normale Handelsgüter.

Der entsprechende Handelsplatz ist in der Regel eine Energiebörse bzw. Strombörse. Solche Börsen sind ein unverzichtbarer Bestandteil des Energiemarkts und haben großen Einfluss auf die Preisbildung von Strom und Gas. Doch wie funktioniert das eigentlich? Wir erklären Ihnen in diesem Artikel, wie der Handel auf der Energiebörse vonstattengeht.

Was ist die Energiebörse?

Die Energiebörse ist eine Plattform für den Handel mit Energieprodukten. In Europa gibt es zwei wichtige Energiebörsen: Die EEX in Leipzig (European Energy Exchange) sowie die EPEX SPOT in Paris (European Power Exchange).

Bei der EEX handelt es sich es sich um einen sogenannten Terminmarkt: Hier wird Strom und Gas langfristig eingekauft, oftmals sogar bis zu sechs Jahre im Voraus. Anbieter erwerben etwa 50 Prozent der benötigten Energie an der EEX. Dabei schließen sie monatliche, vierteljährliche oder jährliche Lieferverträge ab, sogenannte Futures. Für Versorgungsunternehmen ist so eine große Preissicherheit gegeben: Wer Strom also heute für einen bestimmten Preis einkauft, wird ihn je nach Lieferdauer auch in vielen Jahren noch zu exakt diesem Preis erhalten. So können sich Anbieter gegen Marktschwankungen absichern.

Anders verhält es sich bei der EPEX: Hier handelt es sich um einen sogenannten Spotmarkt, wo Strom kurzfristig angeboten wird. Am Day-Ahead-Markt können Versorger, wie der Name es bereits andeutet, ihre Energie für den Folgetag einkaufen. Die Gebote müssen bis 12 Uhr mittags eintreffen, die Lieferung erfolgt dann am nächsten Tag. Noch kurzfristiger ist der Intraday-Markt: Hier wird kontinuierlich Energie in stündlichen oder mittlerweile sogar viertelstündlichen Blöcken gehandelt, die Lieferung erfolgt sofort. Der Handel muss spätestens fünf Minuten vor der Lieferung abgeschlossen sein. Wenn ein Anbieter also beispielweise eine bestimmte Menge Strom von 12 bis 12:15 Uhr einkaufen will, dann muss bis 11:55 Uhr ein Zuschlag für das Gebot erfolgt sein.

Was abenteuerlich klingt, ist ein notwendiger Mechanismus des Energiemarktes. So vorteilhaft eine langfristige Beschaffungsstrategie auch ist, die genaue Kundennachfrage lässt sich nicht genau prognostizieren, weswegen häufig kurzfristig Energie dazugekauft werden muss.

Die Strombörse und erneuerbare Energien

Gerade der Spotmarkt ist zudem entscheidend für die Integration von erneuerbaren Energien in den Energiemarkt. Einerseits bietet er eine Plattform für den Handel mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen; andererseits handelt es sich bei Wind und Sonne um sogenannte intermittierende Energiequellen, welche keine gleichmäßige Stromeinspeisung gewährleisten können.

Solar- und Windkraftwerke erzeugen keine konstante Strommenge – logisch, schließlich spielt hier auch die Natur eine Rolle. An einem windstillen oder bewölkten Tag können solche Kraftwerke etwa kaum Strom einspeisen. Der Day-Ahead-Handel sowie vor allem der Intraday-Handel trägen deshalb dazu bei, solche meteorologischen Schwankungen auszugleichen. So wird eine konstante und verlässliche Energieversorgung sichergestellt.

Je stärker der Anteil an erneuerbaren Energien, desto wichtiger ist deshalb die Möglichkeit, flexibel auf alle Eventualitäten reagieren zu können. Eine vermehrte Einspeisung von grüner Energie hat aber noch einen weiteren Vorteil: Sie führt zu einem sinkenden Strompreis. Der Day-Ahead-Handel funktioniert nämlich nach der sogenannten Merit-Order.

Hierbei werden Kraftwerke nach ihren Stromproduktionskosten sortiert – wer die nötige Energie günstiger produziert, hat Priorität. Das sind vor allem erst einmal Windkraft-, Wasser- und Photovoltaikanlagen, denn hier entstehen während der Produktion kaum Kosten. Die Energieerzeugung durch fossile Brennstoffe ist hingegen überaus teuer, nicht zuletzt aufgrund der CO2-Emissionen. Für die Deckung der benötigten Gesamtstrommenge werden am Day-Ahead-Markt nun nacheinander alle Kraftwerke hinzugezogen, beginnend bei dem mit den günstigsten Produktionskosten. Das letzte Kraftwerk, welches benötigt wurde, um die Nachfrage letztlich zu befriedigen, bestimmt dann den Gesamtpreis für den jeweiligen Preis – dieser gilt dann für alle Transaktionen, egal welches Kraftwerk den Strom verkauft.

Je höher der Anteil an günstiger grüner Energie, desto niedriger wird häufig auch der finale Schwellenwert sein – Nachhaltigkeit führt also auch zu günstigeren Marktpreisen! Mitunter kommt es auf dem Spotmarkt kurzfristig sogar zu negativen Strompreisen – dieser Fall tritt ein, wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt, etwa wenn es gleichzeitig zu starkem Wind und hoher Sonneneinstrahlung kommt. Wind- und Solarkraftwerke speisen dann eine enorme Menge an Energie ein.

Günstige Preise für Neukunden: Welche Rolle spielt die Strombörse bei der Preisbildung?

Die Großhandelspreise an der Börse sind jedoch nicht nur für Anbieter relevant, sondern haben auch direkte Auswirkungen auf den Strompreis für Endkunden. Energieversorger geben ihre Beschaffungskosten in der Regel an die Verbraucher weiter – da sich diese Beschaffungskosten nach dem Börsenpreis richten, führt ein niedriger Börsenkurs deswegen mittelfristig auch zu vorteilhaften Energiepreisen.

Zu beachten ist zudem, dass die Preise für Strom und Gas gerade wegen der beschriebenen Merit-Order aneinander gekoppelt sind: Das zuletzt hingezogene Kraftwerk, welches den finalen Preis auf dem Day-Ahead-Markt bestimmt, ist nämlich häufig ein Gaskraftwerk. So beeinflusst der Gaspreis unweigerlich auch den Strompreis.

Das zeigte sich vor allem während der Energiekrise, als die Preise an der Energiebörse sprunghaft in rekordverdächtige Höhen schnellten, nicht zuletzt aufgrund des Russland-Ukraine-Krieges. Ausbleibende Gaslieferungen und allgemeine Panik trieben den Börsenpreis immer höher, die Folge waren horrende Energiekosten für Verbraucher.

Die Lage hat sich mittlerweile aber wieder deutlich entspannt. Zwar ist der Börsenpreis noch immer signifikant über dem Vorkrisenniveau und dürfte dies auch mittelfristig bleiben, im Gegensatz zu 2022 ist aber bereits ein deutlicher Preisrückgang zu beobachten. Das liegt nicht zuletzt am milden Wetter: Die Heizsaison ist vorbei, die Gasspeicher weiterhin gut gefüllt.  

Davon können nun auch Verbraucher profitieren: Versorgungsunternehmen bieten wieder Tarife zu niedrigeren Preisen an, mitunter liegen Tarife sogar unter dem Preisdeckel. Das gilt allerdings nur für Neukundentarife, Bestandskunden verbleiben weiterhin in ihren teuren Verträgen. Gerade deshalb könnte sich ein Strom- oder Gaswechsel zu diesem Zeitpunkt finanziell lohnen. Wir raten: Überprüfen Sie mithilfe unseres Rechners, ob es an Ihrem Wohnort gerade günstigere Tarifalternativen gibt!

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