Der Verbraucherzentrale-Bundesverband (vzbv) untersuchte während der Energiekrise die Preiserhöhungsmitteilungen von rund 70 Energieanbietern und kam zu dem Ergebnis, dass sich viele Lieferanten nicht an die gesetzlichen Regelungen von Preiserhöhungen gehalten hatten. In der Folge leitete die Verbraucherzentrale Unterlassungsverfahren gegen mehrere Unternehmen ein und klagte sogar gegen zwei Unternehmen, die der Unterlassungsaufforderung nicht nachgekommen waren. Nun kam das Gericht zu einem bedeutenden Urteil.
Bereits Ende 2021, noch während der Covid-Pandemie, stiegen die Energiepreise in Deutschland stark an. Nachdem Anfang 2022 dazu noch Russlands Invasion in der Ukraine begann, verhängten die EU-Länder Sanktionen gegen Russland. Allen voran auch Deutschland, was dazu führte, dass in Deutschland kein russisches Gas mehr importiert wurde. In 2022 stiegen deswegen die Börsenpreise für Energie und Energieunternehmen erhöhten ihre Preise noch weiter, teilweise sogar auf mehr als das Doppelte des Vorjahrespreises. Im Oktober 2022, zum Beginn der Heizsaison, erreichten sie ihren Höhepunkt mit einem durchschnittlichen Strompreis von fast 54 Cent pro kWh – zum Vergleich: aktuell zahlen Neukunden etwa 26 Cent pro kWh, also nur noch die Hälfte des Preises von vor zwei Jahren.
Die gesetzlichen Regelungen für Preiserhöhungen bei Stromverträgen sind eigentlich klar im Energiewirtschaftsgesetz festgehalten. Energieanbieter müssen ihre Kunden spätestens einen Monat vor Eintritt der Preisänderung über die Erhöhung informieren. Außerdem muss die Information einfach und leicht verständlich sein und den Grund sowie den Umfang der Preiserhöhung enthalten. Ebenso muss der Energielieferant in der Mitteilung auf das Sonderkündigungsrecht der Verbraucher hinweisen, ansonsten ist die Preiserhöhung unwirksam. Verbraucher haben bei einer Preiserhöhung grundsätzlich immer ein Sonderkündigungsrecht.
Die Verbraucherzentrale teilte in einer Pressemeldung mit, dass die Stadtwerke Energie Jena-Pößneck GmbH und die Hanwha Q Cells GmbH den Unterlassungserklärungen nicht nachgekommen waren und den Klagen der vzbv Recht gegeben wurden. Die Preiserhöhungen seien in beiden Fällen nicht transparent genug gewesen. Gegen die Hanwha Q Cells hat das Landgericht Dessau-Roßlau bereits am 17. Mai 2023 ein Urteil verhängt, diese hatten die Preiserhöhung lediglich durch eine Gegenüberstellung von altem und neuem Preis mitgeteilt. Das Unternehmen ging in Berufung, nahm diese Anfang 2024 aber wieder zurück. Somit ist das Urteil rechtskräftig.
Die Stadtwerke Energie Jena-Pößneck hatten die Preisanpassung mit folgender Formulierung angekündigt: „Alle Anpassungen erfolgen automatisch. Sie müssen nichts tun.“ Laut Verbraucherzentrale suggeriere das, dass Verbraucher nichts gegen die Preiserhöhung unternehmen können. Außerdem sei das Recht auf Sonderkündigung nur in einer kleingedruckten Passage zwischen zwei hervorgehobenen Blöcken erwähnt worden. Das Landgericht Gera gab der Klage der Verbraucherzentrale Recht. Das Urteil gegen die Stadtwerke Jena-Pößneck ist am 16. Juli 2024 ausgesprochen wurden, allerdings noch nicht rechtskräftig.
Der Verbraucherzentrale-Bundesverband kommentierte die Entscheidung des Landgerichts Gera als „ein gutes Signal zu einer verbraucherfreundlicheren Praxis unter den Energielieferanten.“ Die gesetzlichen Regelungen zu den Preiserhöhungen sollen Verbrauchern nämlich die Möglichkeit geben, eine informierte Entscheidung über ihren Stromanbieter zu treffen.
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Während der Energiekrise haben alle Stromanbieter ihre Preise erhöht. Grundsätzlich ist das auch erlaubt, allerdings dürfen die Preiserhöhungen nicht willkürlich stattfinden. Grundversorger dürfen ihre Preise zum Beispiel nur dann erhöhen, wenn Kostenfaktoren ansteigen, auf die sie keinen Einfluss haben, das ist gesetzlich geregelt. Dazu zählen beispielsweise Stromsteuern, Konzessionsabgaben oder der Einkaufspreis für Strom an der Energiebörse. Steigt der Preis für die Grundversorgung, müssen die zuständigen Unternehmen die Erhöhung öffentlich mitteilen, sowohl im Internet auf der eigenen Website als auch oft in örtlichen Amtsblättern und Tageszeitungen. Außerdem müssen die Haushalte spätestens sechs Wochen vorher über die geplante Preiserhöhung informiert werden.
Auch für Sonderverträge (im Grunde alle Stromtarife, die keine Grundversorgung sind) ist es möglich, dass Preiserhöhungen auftreten. Das Recht auf Preisänderung muss in diesem Fall in den AGB des Stromtarifs festgehalten sein. Stromanbieter müssen die Preiserhöhung außerdem nicht öffentlich mitteilen, sondern informieren alle betroffenen Kunden einzeln über die neuen Vertragsbedingungen. Normalerweise erhalten Haushalte einen Brief oder eine Mail, in dem die Preisanpassung erklärt und auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen wird. Die Preisanpassung lediglich im Online-Kundenpostfach anzukündigen, ist hingegen nicht ausreichend, wie es in einem anderen Urteil von 2023 festgehalten wurde. Es muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, wo Kunden die Preiserhöhung einsehen können.