Mozilla/5.0 AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko; compatible; bingbot/2.0; +http://www.bing.com/bingbot.htm) Chrome/116.0.1938.76 Safari/537.36
Info-Magazin für Energiesparer & mehr
Gas

Die Energieministerkonferenz im November 2024

25. November 2024

von Christoph Deutscher

Am 8. November fand in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein die zweite Energieministerkonferenz des Jahres statt, in dessen Rahmen die Energieminister und -senatoren der Bundesländer an die Bundesregierung und den Bundestag appellierten, die Transformation zu einer wettbewerbsfähigen und gleichzeitig klimaneutralen Industrie und Wirtschaft voranzutreiben. Die anwesenden Minister betonten, weiterhin zur Energiewende zu stehen. Gerade auch mit Hinblick auf das vorzeitige Aus der Bundesregierung ist das eine klare Absichtserklärung der Bundesländer. Der Energieminister Schleswig-Holsteins Tobias Goldschmidt sagte über die Konferenz: „Die Länder stehen geschlossen hinter der Energiewende. Die Brunsbütteler Beratungen waren von einer guten Kompromissbereitschaft getragen – über alle länder- und parteipolitischen Grenzen hinweg.“

Senken Sie Ihre Energiekosten jetzt – testen Sie unseren Strom- und Gasrechner und entdecken Sie, wie viel Sie sparen können:

Inhalte und Ergebnisse der Energieministerkonferenz

Angesichts der politischen Situation in Deutschland und weltweit wartete die Konferenz nicht, bis das Endgültige Ergebnisprotokoll  fertiggestellt ist, sondern verabschiedete direkt im Anschluss eine Erklärung , in der die Energieminister an den Bund appellieren, die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu sichern. Um das zu erreichen, brauche es eine klimaneutrale Wirtschaft. Außerdem müssen Unternehmen und Wirtschaft bei den Energiekosten entlastet werden. Die zwei zentralen Ziele, die die Anwesenden in der Erklärung hervorheben, sind somit:

  • Vertrauen und Planungssicherheit für Bürger und Wirtschaft
  • Umsetzung der Energiewende

Maßnahmen und Schritte zur Umsetzung wurden von den Ministern besprochen und knapp in der Erklärung umrissen. An erster Stelle stehe die weitere Finanzierung für den Ausbau Erneuerbarer Energien und Investitionen in die Energiewendeinfrastruktur. Neben Wind- und Sonnenenergie geht es hierbei auch um Wasserstoff. Die Forderung an den Bund lautet: Mehr Tempo beim Ausbau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken. Die Teilnehmer fordern den Bund auf, die ausgesetzten Förderprogramme im Bereich der Wasserstoff-Mobilität zu reaktivieren. Auch für Bioenergie soll es eine klarere Zukunftsperspektive geben, Biogas soll ein wichtiger Bestandteil der Energiewende werden. Beide Vorschläge kamen aus Bayern. Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Aiwanger forderte etwa „Technologieoffenheit bei der Energiepolitik.“ Darüber hinaus gab es auch parteiübergreifenden Konsens, Maßnahmen zum Bürokratieabbau und der Planungsbeschleunigung noch im bestehenden Bundestag zu beschließen, anstatt bis nach den Neuwahlen zu warten.

Auch zum Thema Elektromobilität wurde getagt. Der Antrag aus dem niedersächsischen Ministerium, am Kurs Klimaneutrale Antriebe festzuhalten und außerdem die Preise für Ladesäulenstrom durch flexible Netzentgelte und dynamische Stromtarife zu senken, wurde einstimmig angenommen. Niedersachsens Energieminister Christian Meyer kommentierte, dass Elektromobilität und Wärmepumpen in Zeiten von Wind- und Sonnenüberschuss günstiger würden. Darin sieht er vor allem für sein Bundesland Vorteile. Er sprach sich ebenfalls für die Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme der Förderprogramme für Wasserstoff aus.

Diese drei Beschlüsse sind nur ein kleiner Teil der Ergebnisse der Konferenz. Im Vordergrund der insgesamt 17 Beschlüsse stehen der fortschreitende Ausbau erneuerbarer Energien auf mindestens dem aktuellen Niveau und Regelungen, um Energiemarkt und die volatile Einspeisung von Wind und Sonne aufeinander abzustimmen. Außerdem sprechen sich die Teilnehmer für mehr grüne Energie in der Industrie und dem Wärme- und Verkehrssektor aus.

Renewable Energy Directive III

Ein Beschluss der Konferenz nimmt auch die sogenannte RED III ins Visier – die aktuellste Renewable Energy Directive der Europäischen Union. So sei die zeitnahe Umsetzung der Richtlinie ein wichtiger Schritt, um die erklärten Ziele zu erreichen. Die erstmals 2008 beschlossene Renewable Energy Directive ist die gesetzliche Grundlage für die Entwicklung einer nachhaltigen Energieinfrastruktur in allen Sektoren der europäischen Wirtschaft. Sie ist Teil der Politikprogramme European Green Deal, Fit for 55, und REPowerEU.

Die letzte Änderung wurde im Oktober 2023 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Eine Neuerung ist die Erhöhung der erneuerbaren Energien im EU-Bruttoendenergieverbrauch bis 2030 auf 42,5 Prozent. Seit der erstmaligen Einführung hat sich der Anteil erneuerbarer Energien im EU-Energieverbrauch fast verdoppelt – von 12,5 Prozent in 2010 auf etwa 23 Prozent in 2022. Für Deutschland als bevölkerungsreichstes EU-Land bedeutet dies: Mehr Tempo im Ausbau Erneuerbarer Energien. 2022 hatten Erneuerbare Energien in Deutschland schließlich nur einen Anteil von 20,7 Prozent am Gesamtenergieverbrauch. Spitzenreiter in der EU war 2022 Schweden mit einem Anteil von etwa 66 Prozent. Noch höher war der Anteil in Norwegen (75,8 Prozent) und Island (79,5 Prozent). Aufgepasst: Hier geht es wohlgemerkt um den Energieverbrauch, nicht die Erzeugung. Zumindest in der erneuerbaren Stromerzeugung ist Deutschland bereits recht gut aufgestellt: Während im ersten Halbjahr noch 53,3 Prozent der eingespeisten Strommenge aus erneuerbaren Energien kamen, sind es im ersten Halbjahr 2024 schon 61,5 Prozent. In ganz 2023 waren es 56 Prozent. Für das gesamte Jahr 2024 wird der Anteil vermutlich ebenfalls etwas höher ausfallen.

Weitere Anpassungen der RED III drehen sich um terminologische Fragen und einzelne ergänzende Regelungen und Definitionen zu den verschiedenen Arten Erneuerbarer Energieerzeugung.

Die Energieministerkonferenz in Brunsbüttel drehte sich vor allem um die Energiewende.
Wichtiges Gesprächsthema der Energieministerkonferenz war die Energiewende.

Letzte Energieministerkonferenz in Kiel

Im Mai diesen Jahres fand die letzte Energieministerkonferenz ebenfalls in Schleswig-Holstein (Kiel) statt. Dort waren die Themen Wärmewende, Energiepreise, Strommarkt, Wasserstoffwirtschaft und Energiewende-Wirtschaft Teil der Beratungen. Anders als bei der letzten Konferenz im November wurde keine separate Erklärung veröffentlicht, sondern nur Endgültige Ergebnisprotokoll. Die zentralen Beschlüsse der Kieler Energieministerkonferenz drehten sich vor allem um bessere Förderbedingungen und weitere Entbürokratisierung. Ein Blick auf die einzelnen Punkte und Themen offenbart außerdem konkretere Ziele und Absichten.

Wärmewende

Um Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, sahen die Anwesenden es als notwendig an, die Wärmewende zu beschleunigen. Dazu soll die Energieeffizienz verbessert und der Energiebedarf reduziert werden. Um Gebäude energieeffizienter auszustatten sei es folglich notwendig, die Bundesförderung für effiziente Gebäude fortzuführen und die Förderobermittelgrenze anzuheben. Außerdem brauche es hierbei Verlässlichkeit und langfristige Investitionssicherheit – sowohl für Unternehmen als auch für Haushalte.

Energiepreise

Die Diskussionen um die Energiepreise beschränkten sich auf die Themen Fernwärme und dynamische Strompreise. Fernwärmekunden sollen künftig gestärkt und die Fernwärme an sich reguliert werden, zum Beispiel durch zusätzliche Transparenz oder eine Vereinheitlichung der Preisanpassungsformel. Konkreter forderten die Anwesenden die Bundesregierung auf, die schon 2022 begonnene Reform der AVBFernwärmeV auf den Weg zu bringen und zu prüfen, wie das Fernwärmemonopol in einen zukunftssicheren Markt überführt werden kann.

Das Thema dynamische Stromtarife drehte sich vor allem darum, den Bürgern die Möglichkeit dynamischer Stromtarife näherzubringen, die Transparenz zu fördern und Hürden bei der Nutzung abzubauen. In diesem Punkt hat sich seit der Konferenz im Mai etwas getan. Ab 2025 müssen nämlich alle Stromanbieter auch einen dynamischen Stromtarif anbieten und umfassend über deren Vor- und Nachteile informieren. Außerdem sollen laut einer EU-Verordnung auch Vertragskombinationen möglich werden. So können Kunden gleichzeitig die Vorteile von dynamischen und Festpreisverträgen nutzen. In jedem Fall brauchen Kunden aber ein Smart Meter, um einen dynamischen Stromtarif tatsächlich nutzen zu können.

Strommarkt

Die Diskussionen über den Strommarkt fußten auf der nationalen Kraftwerksstrategie, die die Bundesregierung am 5. Februar 2024 in einer Pressemitteilung veröffentlicht hatte. Grundsätzlich drückten die Anwesenden ihre Zustimmung über die Pläne zur Einführung eines Kapazitätsmechanismus aus und erklärten, die Pläne hätten keine negativen Auswirkungen auf die bestehende Stromversorgung. Außerdem baten sie das BMWK, an den Plänen und dem Zeitplan festzuhalten und die Länder eng in die Ausgestaltung einzubinden.

Außerdem erörterten die Minister und Senatoren Fragen zur Regelung der Landeslastverteilung im Energiesicherungsgesetz. Einstimmigkeit herrschte darüber, dass im Falle einer ungenügenden Energieträgerbereitstellung eine bundesweit einheitliche Verteilung des betroffenen Energieträgers notwendig sei. Hier nahm die Konferenz die Bundesnetzagentur in ihrer Rolle als Bundeslastverteiler in die Pflicht. Weiter forderten die Minister und Senatoren eine Überarbeitung des Energiesicherungsgesetzes hinsichtlich der vom BMWK zugesagten Anpassungen der Landeslastverteilung Gas und regten an, darüber hinaus auch die Landeslastverteilung in der Elektrizitätsversorgung zu streichen.

Wasserstoffwirtschaft und Energiewende-Wirtschaft

Die Wasserstoffwirtschaft ist laut der Energieministerkonferenz im Mai 2024 eine wichtige Säule auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045. Die Minister betonten, dass für eine erfolgreiche Energiewende erhebliche Wasserstoffspeicherkapazitäten entwickelt und ausgebaut werden müssen. Hierin sahen die Minister noch Nachholbedarf und baten den Bund, zu prüfen, welche Förderinstrumente und Marktanreize gesetzt werden können.

Die Energieminister wollen vor allem weniger Bürokratie und mehr Planungssicherheit hinsichtlich des Energieeffizienzgesetzes und der nationalen Umsetzung des Net Zero Industry Act (NZIA). Außerdem sprechen sie sich für eine zügige und flächendeckende Ausstattung mit intelligenten Messsystemen (Smart Metern) aus.

Robert Habeck konnte bei der Energieministerkonferenz nicht anwesend sein. Er wurde per Video zugeschaltet.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wurde per Video zugeschaltet. (Quelle: Mona Taube, https://www.enmk.de/presse.html?newsID=111#con111)

Die halbjährliche Energieministerkonferenz

Der Name deutet es schon an: Auf der Energieministerkonferenz kommen die Energieminister in Deutschland zusammen, um die Energiepolitik der einzelnen Bundesländer untereinander und mit dem Bund zu koordinieren. Die Konferenz findet in der Regel zweimal pro Jahr statt. Der Austragungsort wechselt jährlich. In diesem Jahr fand sie in Schleswig-Holstein statt, nächstes Jahr wird Mecklenburg-Vorpommern Gastgeber sein.

Teilnehmer der Konferenz sind alle Energieminister der deutschen Bundesländer und deren Energiesenatoren sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat auch teilgenommen – er wurde per Video zugeschaltet. In seinem Beitrag hat er versichert, dass auch in 2025 alle Förderprogramme und Förderzusagen weiterhin abgesichert bleiben und deswegen auch Planungssicherheit bestehe. Das sei unter anderem möglich, weil im Klimatransformationsfond kurzfristig 10 Milliarden Euro verfügbar sind.

Bedeutung des Ampel-Aus für die Energieministerkonferenz

Das vorzeitige Aus der Bundesregierung hat natürlich auch Auswirkungen auf die deutschlandweite Energiepolitik. Die verbleibenden Regierungsparteien der Ampelkoalition haben keine Mehrheit mehr und sind daher nur begrenzt handlungsfähig, wenn es darum geht, neue Gesetze zu erlassen. Bis zu den voraussichtlichen Neuwahlen im Frühjahr kann die Regierung also keinen gesetzlichen Einfluss auf die Energiewirtschaft nehmen, außer wenn Oppositionsparteien den Anträgen zustimmen.

Vor diesem Hintergrund hat die Energieministerkonferenz auch die außerordentliche Brunsbütteler Erklärung veröffentlicht, um noch einmal mit Nachdruck das Wort an die Bundesregierung zu richten und dafür zu appellieren, die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft voranzutreiben. Das ist auch ein Signal an die zukünftige Regierung, dass die Bundesländer hinter der Energiewende stehen und sie als notwendig erachten, um weiterhin international wettbewerbsfähig zu bleiben.

?>