Wussten Sie, dass Stromanbieter vermehrt mit Meteorologen zusammenarbeiten? Mit dem zunehmenden Ausbau von erneuerbaren Energien rücken auch die Fragen nach der Versorgungssicherheit und Planbarkeit der Stromversorgung immer mehr in den Fokus. Sonnenenergie und Windkraft stehen zwar theoretisch in unbegrenzter Menge zur Verfügung, sind aber auch vom Wetter abhängig und unterliegen deswegen Schwankungen. Um solchen Schwankungen nicht schutzlos ausgeliefert zu sein, spielen Meteorologie und Wettervorhersagen eine immer wichtigere Rolle für Energieunternehmen und den Strommarkt.
Viele Energieunternehmen haben inzwischen eine eigene Abteilung, die sich ausschließlich mit Wettervorhersagen beschäftigt, um eine möglichst genaue Prognose für die Stromerzeugung des Folgetags abzugeben. Für die Energieunternehmen geht es dabei nämlich um sehr viel Geld. Stimmt die eigene Prognose nicht, müssen Unternehmen mit hohen Kosten für sogenannte Ausgleichsenergie rechnen.
Anhand der eigenen Prognose melden Unternehmen täglich beim Übertragungsnetzbetreiber an, wie viel Strom sie am Folgetag ins Stromnetz einspeisen (verkaufen) und aus dem Netz entnehmen wollen (verbrauchen). Unternehmen müssen diese Prognosen, die auch Fahrpläne genannt werden, für jede Lieferviertelstunde des Folgetags einreichen. Dafür arbeiten die Meteorologen in Energieunternehmen rund um die Uhr im Schichtbetrieb, um jederzeit und sofort auf unvorhergesehene Wetterphänomene reagieren zu können.
Errechnet ein Unternehmen für einen Zeitraum zum Beispiel eine Einspeisung von 10 MW, kann aber nur 8 MW liefern, obwohl der Abnehmer die tatsächlichen 10 MW abruft, kommt es zu einer Differenz von 2 MW, die irgendwie aufgefüllt werden muss. Hierfür nutzen die Übertragungsnetzbetreiber einfach gesagt die sogenannte Regelenergie und berechnen dem Erzeuger die Differenz als Ausgleichsenergie. Ebenso kann auch der gegenteilige Fall eintreten: Ein Erzeuger prognostiziert eine Einspeisung von 10 MW und liefert diese auch, aber der Abnehmer verbraucht mehr oder weniger als das von ihm prognostizierte Volumen. In dem Fall zahlt der Erzeuger die Ausgleichsenergiekosten für die Differenz.
Seit 2015 kam es immer öfter zu Zeiten, in denen die gesamte Einspeiseleistung 5 Gigawatt über oder unter dem vorhergesagten Volumen lag. Während es 2015 noch 200 Stunden waren, wird für 2025 das Fünffache erwartet, also etwa 1.000 Stunden. Ein Grund hierfür ist der Anstieg an erneuerbaren Energien im deutschen Stromnetz. Zwischen 2015 und 2023 ist der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix in Deutschland um mehr als 80 Prozent gestiegen. Im ersten Quartal 2024 war der Anteil sogar schon doppelt so hoch.
In Wirklichkeit spielt sich dieses Modell nicht ausschließlich zwischen einem Erzeuger und einem Verbraucher ab, sondern zwischen allen Marktteilnehmern an der Energiebörse. Dabei wird der Ausgleich über sogenannte Bilanzkreise abgerechnet. Bilanzkreise sind im Grunde virtuelle Energiemengenkonten, die zum Beispiel alle Kraftwerke eines Kraftwerksbetreibers oder die ganze Stromerzeugung und Nachfrage eines Energieversorgers umfassen. So können alle Erzeuger und Verbraucher in Deutschland einem Bilanzkreis zugeordnet werden. Alle Bilanzkreise in Deutschland melden ihre Fahrpläne für den Folgetag bei den Übertragungsnetzbetreibern an und geben genau an, welche Erzeugungsnetzanlage wie viel Strom ins Netz einspeisen soll und an welchem Netzanschlusspunkt Strom aus dem Netz entnommen werden soll. Außerdem umfassen die Fahrpläne auch alle geplanten Stromaustausche mit anderen Bilanzkreisen. Wenn ein Bilanzkreis von seinem Fahrplan abweicht, muss er die Ausgleichsenergiekosten für den Einsatz der Regelleistung tragen. Diese Kosten sind also eine Art Strafzahlung und sollen als Anreiz dienen, Bilanzkreise auszugleichen.
Die Regelenergie (auch Regelleistung genannt) ist die Energie, die Netzbetreiber nutzen, um unvorhergesehene Leistungsschwankungen und Abweichungen zwischen Erzeugung und Verbrauch auszugleichen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Unterschiede zwischen den Fahrplänen und dem tatsächlichen Zustand in einer Regelzone ausgeglichen werden. Eine Regelzone ist ein räumlich abgegrenztes Gebiet im Zuständigkeitsbereich eines Übertragungsnetzbetreibers.
Das Wetter beeinflusst das Leben von allen Menschen, auch wenn Sie selbst keine Solaranlage haben. Erneuerbare Energien spielen eine wichtige Rolle für die zukünftige Stromerzeugung in Deutschland und diese sind nun einmal vom Wetter abhängig. Darauf können Sie keinen Einfluss nehmen. Was Sie aber beeinflussen können, ist Ihr Strompreis. Machen Sie den Preisvergleich mit WECHSELPILOT und finden Sie den besten Stromtarif!
Meteorologen in den Diensten der Energieunternehmen machen ständig Vorhersagen über das Wetter am Folgetag und ermitteln dadurch die Menge an Strom, die die Kraftwerke für erneuerbaren Strom liefern können. Ihr Ziel ist es, möglichst genaue Prognosen abzugeben, damit die Kosten für Ausgleichsenergie so gering wie möglich ausfallen. Hierbei sind sowohl Präzision als auch Zeit wichtig. Genaue Prognosen sorgen für geringere Ausgleichsenergiekosten, schnelle Ergebnisse bieten einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Energieunternehmen. Je früher ein Unternehmen Informationen zum Wetter erhält, desto besser können sie sich am Intraday-Markt vorbereiten und hohe Ausgleichsenergiekosten vermeiden, etwa indem sie kurzfristig Strom kaufen oder verkaufen.
Für Energieunternehmen relevante kurzfristige Wetterereignisse sind ganz allgemein:
Diese Ereignisse stellen an sich keine großen Risiken dar, beeinträchtigen aber die Leistung der Kraftwerke für erneuerbare Energien. Treten solche Wetterumschwünge kurzfristig und überraschend auf, ist die Prognose vom Vortag nicht mehr korrekt und die Menge der Stromeinspeisung oder -entnahme entspricht nicht mehr der angemeldeten Menge.
Außerdem halten Meteorologen Ausschau nach außerordentlichen Wetterereignissen, wie etwa Saharastaub, der die Sonneneinstrahlung mindert und so die Leistung von Photovoltaikanlagen beeinträchtigt. Je nach Ausbreitung und Stärke kann die Solarstromerzeugung dadurch um bis zu 20 Prozent niedriger ausfallen. Außerdem bleiben Staubablagerungen auf den Solarmodulen zurück, wodurch die Leistung weiterhin reduziert wird. Normalerweise werden diese spätestens beim nächsten Regen weggespült.
Auch an Universitäten ist die Energiemeteorologie schon lange Teil der Forschung. So wurde zwischen 2016 und 2020 am Karlsruher Institut für Technologie gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst und meteocontrol an dem Forschungsprojekt PerduS. Dabei handelt es sich um ein Vorhersagemodell zur Ertragsreduktion von Photovoltaik durch Saharastaub. Das Modell bietet zusätzlich zur normalen Wettervorhersage Ausbreitungsprognosen von Wüstenstaub und liefert Informationen darüber, wie die Staubverteilung die Sonneneinstrahlung beeinflusst. Basierend darauf können anschließend Leistungsvorhersagen für Photovoltaik entwickelt werden. Außerdem kann dadurch die voraussichtliche Verschmutzung von Photovoltaikanlagen durch Staubablagerungen abgeschätzt werden.
Eine ältere Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Wetterdienst, dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik und den Übertragungsnetzbetreibern Amprion, TenneT und 50Hertz unter dem Forschungsnamen EWeLiNE hatte das Ziel, die Leistungsprognosen von Wind- und PV-Einspeisung zu verbessern und gleichzeitig eine sichere und wirtschaftliche Netzintegration erneuerbarer Energien zu ermöglichen. Das Modell ermöglicht es, wahrscheinliche Voraussagen zur Stromerzeugung zu treffen. Anstatt eine pauschale absolute Stromerzeugung für einen Zeitraum zu ermitteln, können Unternehmen so auch Unsicherheiten abbilden und besser beurteilen, ob sie einen Puffer brauchen, damit das Netz stabil bleibt. Außerdem ermöglichen die Modelle exakte Vorhersagen der Windverhältnisse in Höhe der Windräder sowie eine Prognose über die Hochnebelkonzentration im Viertelstundentakt, was für den Bereich Photovoltaik wichtig ist.