Mozilla/5.0 (Macintosh; Intel Mac OS X 11_2_3) AppleWebKit/537.36 (KHTML, like Gecko) Chrome/89.0.4389.128 Safari/537.36
Wechselpilot Logo Info-Magazin für Energiesparer & mehr
Gas

Marktupdate Juni: Darum ist die Grundversorgung wieder teuer

6. Juni 2023

von Michel Vo

Lange Zeit war die Grundversorgung die teuerste Option auf dem Strommarkt. Während der Energiekrise galt dies allerdings zwischenzeitlich nicht mehr, erst letzten September schrieben wir: In vielen Regionen ist aktuell die Grundversorgung die günstigste Option! Nur wenige Monate später haben sich die Verhältnisse allerdings wieder normalisiert, wir raten mittlerweile wieder zu einem Wechsel aus der Grundversorgung. In unserem monatlichen Marktupdate erklären wir die Hintergründe dieser Entwicklung und gehen zudem auf das anstehende Heizungsgesetz ein.

Darum ist die Grundversorgung meist am teuersten

In Deutschland ist das Recht auf Energie staatlich garantiert, Verbraucher werden also immerzu mit Strom und Gas versorgt. Für die Umsetzung dieses Grundrechts ist hierzulande das örtliche Grundversorgungsunternehmen zuständig. Wenn ein Haushalt keinen Energievertrag abgeschlossen hat, dann landet er automatisch in der Grundversorgung und wird weiterhin vom Grundversorgungsunternehmen beliefert.

Die Grundversorgung ist also eigentlich nur als Fangnetz konzipiert und soll Verbraucher gegen alle Eventualitäten absichern. In der Realität vergessen es aber zahlreiche Haushalte, sich eigens um einen Strom- oder Gasvertrag zu kümmern – betroffen sind ungefähr ein Sechstel aller Stromkunden und ein Viertel aller Gaskunden. Das ist teures Versäumnis, denn die Preise in der Grundversorgung sind normalerweise deutlich höher als bei regulär abgeschlossenen Tarifen (welche offiziell als Sondervertrag bezeichnet werden). Schließlich muss der Grundversorger durch seine theoretische Versorgungspflicht für alle Haushalte ein beträchtliches Risiko eingehen.

Hinzu kommt der Mangel an Wettbewerbern: Der Grundversorger ist vom Gesetz her stets der Anbieter, der im Einzugsgebiet die meisten Kunden versorgt, und somit für Verbraucher:innen nicht frei wählbar. Dadurch gibt es bei Grundversorgungstarifen keinen Anreiz, niedrige Preise zu schaffen.

Preissieger in der Energiekrise: Deswegen war die Grundversorgung kurzzeitig günstig

Diese Maxime galt viele Jahre lang – bis alle Verhältnisse durch die Energiekrise 2022 auf den Kopf gestellt wurden. Plötzlich war der Grundversorger in zahlreichen Einzugsgebieten die günstigste Option, auch wir rieten unseren Kund:innen oftmals zu einem Wechsel. Hierfür waren die Turbulenzen auf dem Strom- und vor allem Gasmarkt verantwortlich: Anbieter produzieren ihre Energie nämlich in der Regel nicht selbst, sondern kaufen sie an der Energiebörse ein, so wie jede andere Ware auch. Diese Börsenpreise explodierten 2022 um ein Vielfaches und erreichten noch nie dagewesene Höhen, nicht zuletzt aufgrund der Unsicherheit durch den Russland-Ukraine-Krieg.

Strom- und Gasanbieter hatten deshalb plötzlich mit deutlich höheren Einkaufskosten zu kämpfen und gaben diese Mehrbelastung dann an ihre Kund:innen weiter, daher die Rekordpreise für Verbraucher:innen. Grundversorger waren von diesen Marktentwicklungen allerdings in deutlich geringerem Maße betroffen. Denn sie müssen sich für alle Fälle absichern und benötigen riesige Energiemengen als Vorrat. Daher kaufen Grundversorgungsunternehmen ihre Energie viele Monate oder sogar Jahre im Voraus ein. Sie verfolgen also eine langfristige Beschaffungsstrategie, die gegen Preisschwankungen auf dem Tagesmarkt weitgehend immun ist. Da sich ihre Einkaufskosten im Gegensatz zu anderen Versorgern deutlich weniger erhöhten, blieben auch die Preise in der Grundversorgung von extremen Sprüngen verschont. Verglichen mit sonstigen Marktalternativen war die Grundversorgung dann verhältnismäßig günstig.

Grundversorger in 2023 wieder teurer – E.ON macht Schlagzeilen

Diese Entwicklung war indessen nur eine kurze Momentaufnahme. Auch wenn die Energiekrise noch nicht vorbei ist, so hat sich die Lage weitgehend normalisiert, und auch die Börsenpreise für Strom und Gas sind in den letzten Monaten stark gesunken. Der kurzzeitige Wettbewerbsvorteil für Grundversorger ist also nicht mehr gegeben, in den meisten Einzugsgebieten liegen Grundversorgungstarife mittlerweile wieder deutlich über Marktniveau und auch über den staatlichen Preisbremsen.

Viele Grundversorger erhöhen ihre Kosten sogar deutlich, denn durch ihre langfristig ausgelegte Beschaffungsstrategie schlagen sich die hohen Börsenpreise aus dem Vorjahr erst mit großer Verzögerung im Kundenpreis nieder. Es muss allerdings betont werden, dass es hier kein einheitliches Bild gibt, schließlich verfolgt jedes Unternehmen seinen eigenen Einkaufsplan.

Ein Beispiel dafür ist E.ON: Der Konzern hatte für den 01.06.2023 eine massive Preiserhöhung in der Grundversorgung angesetzt, in NRW stiegen die Kosten beispielsweise um bis zu 45 Prozent an. Erst Anfang Juni hat das Unternehmen aber wiederum baldige Preissenkungen in Aussicht gestellt: In der Grundversorgung sollen die Preise um 18 Prozent (Strom) bzw. 28 Prozent (Gas) sinken, zugleich soll es auch eine Entlastung für Kund:innen in Sonderverträgen geben. Die Kostenanpassung soll noch vor dem 01. September 2023 in Kraft treten.

Überraschend ist, dass die Preise automatisch für Bestandskund:innen angepasst werden. Für gewöhnlich nutzen Energieversorger günstige Preise, um Neukund:innen zu gewinnen. Wer schon lange bei einem Versorger im Vertrag ist, geht in dieser Hinsicht normalerweise leer aus – so unsere Erfahrungen am Markt bislang. Eigenen Aussagen zufolge, löse E.ON damit sein Versprechen ein, den Spielraum für Preissenkungen zu nutzen.

Machen Sie sich mit WECHSELPILOT nun unabhängig von der Grundversorgung: Unser Service-Team findet für Sie die besten Tarife und nimmt einen jährlichen Wechsel vor. So sind Sie immer im Tarif, der am besten zu Ihnen passt.

Klimaneutrale Heizungen in Neubauten: Darum kommt bald das Heizungsgesetz

Um die Dekarbonisierung des Wärmebereichs zu beschleunigen, soll ein neuer Rechtsrahmen geschaffen werden – umweltfreundlichere Heizungen sollen dann zur Pflicht werden, zumindest bei einem Neueinbau. Aktuell entfällt ungefähr ein Drittel der bundesweiten CO2-Emissionen auf das Heizen, diese Zahl soll nun gesenkt werden. Beim Heizungsgesetz handelt es sich eigentlich um eine Novellierung des bestehenden Gebäudeenergiegesetzes (GEG), im Kern sieht die Neufassung vor: Neu eingebaute Heizungen sollen ab 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.

Das geht am besten über eine Wärmepumpe, aber auch Biomasseheizungen, Wasserstoffheizungen oder der Anschluss an ein Fernwärmenetz sind gangbare Optionen. Selbst klassische Öl- und Gasheizungen sind weiterhin möglich, sofern sie mit grünen Brennstoffen wie beispielsweise Biomethan betrieben werden. Das geht auch mit deutlich verringerten Betriebskosten einher, die Anschaffungskosten sind aber überaus hoch. Vorgesehen ist deshalb eine staatliche Förderung, der Bund will sich mit mindestens 30 Prozent an den Kosten für den Neueinbau einer klimaneutralen Heizung beteiligen.

Müssen bestehende Heizungen ausgetauscht werden?

Nein, das Heizungsgesetz bezieht sich nur auf neu eingebaute Heizungen. Wenn Ihre Heizung problemlos funktioniert, gibt es keinen Anlass für Veränderungen. Auch bei einem Defekt muss die Heizung nicht direkt ausgetauscht werden, sofern eine Reparatur möglich ist. Problematisch könnte es aber werden, wenn die Heizung komplett kaputt ist und auch nicht repariert werden kann. Zudem gilt eigentlich der Grundsatz, dass eine Heizung 30 Jahre nach der Inbetriebnahme ausgetauscht werden muss.

Zahlreiche Haushalte fürchten deswegen nicht zu Unrecht, dass 2024 eine plötzliche kostspielige Umstellung auf eine Wärmepumpe oder ähnliche Lösungen ansteht. Während der Erstentwurf noch relativ strikt formuliert wurde, so hat Wirtschaftsminister Habeck nun aber wiederholt seine Kompromissbereitschaft für Abmilderungen signalisiert. Diskutiert werden zusätzliche Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen, auch wird die Altersgrenze zumindest bei Gasheizungen wohl nicht gelten. Möglich ist außerdem, dass das Gesetz erst einmal nur für Neubauten gilt. Die genauen Bestimmungen sind noch offen – Stand jetzt sieht es aber danach aus, dass Besitzer von Bestandbauten nur wenig vom Heizungsgesetz betroffen sein werden.

Wann wird das Gesetz verabschiedet?

Der Gesetzesentwurf steht bereits seit März im Raum und sollte eigentlich spätestens bis zum 07. Juli verabschiedet werden, dann beginnt die Sommerpause im Bundestag. Lange Zeit schienen die Chancen für eine rechtzeitige Einigung zwischen den Koalitionspartnern gering, die FDP zeigte sich wiederholt unzufrieden mit der Praxistauglichkeit des Anfangsentwurfs und verhinderte deshalb, dass das Heizungsgesetz im Bundestag behandelt wird.

Tatsächlich wurde der Erstvorschlag von vielen Seiten durchaus kritisch betrachtet, vor allem von der Opposition. Aber auch viele Verbraucher zeigten sich verunsichert, Umfragen zufolge fürchteten zwei Drittel aller Bürger, die geplanten Maßnahmen könnten sie finanziell überfordern. Moniert wurde zudem eine mögliche Überlastung von Handwerksbetrieben.

Mittlerweile haben sich die Regierungsparteien aber wieder deutlich angenähert, gerade die diskutierten Aufweichungen der Regelungen für Bestandsbauten machen eine Einigung bis zur Juli-Deadline mittlerweile wieder realistisch. Größter Streitpunkt zwischen den Fraktionen ist aktuell noch die Ausgestaltung der staatlichen Förderung – SPD und Grüne plädieren dafür, dass sich die Förderung der Haushalte nach dem Einkommen richtet. Demnach sollen weniger Vermögende mit mehr als 30 Prozent unterstützt werden, der exakte Förderungssatz ist noch nicht fixiert.

Unklar ist zudem, ob das Heizen mit Holz bzw. Holzpellets als umweltfreundliches Heizen gelten soll. Aufgrund ursprünglicher Bedenken (Feinstaub, Waldabholzung) war Holzbrennstoff bisher nicht als „saubere“ Heizmethode klassifiziert, Habeck hat allerdings auch hier seine Gesprächsbereitschaft deutlich gemacht. Zu klären ist zudem noch, inwiefern Vermieter ihre Mieter am Neueinbau einer klimaneutralen Heizungsanlage beteiligen dürfen.

Die beteiligten Fraktionen tagen zurzeit fast täglich und zeigen sich optimistisch, dass eine baldige Einigung zustande kommt. Schon Mitte Juni ist eine erste Lesung im Bundestag möglich, im Juli stünde dann der finale Beschluss sowie die Zustimmung des Bundesrats an. Wir halten Sie diesbezüglich weiter auf dem Laufenden.

?>